Die Tage vergehen und der alte Herr war mal wieder unterwegs. Es verschlägt ihn in eine kleine Stadt in der es zur Zeit viele Menschen gibt, die gemeinsam auf die Straße gehen. Er läuft die Straße entlang und sieht überall Zorn und Wut. Gleichberechtigung ist ein wichtiges Thema, weiß der alte Herr. Aber Gleichberechtigung ist schwer zu verwirklichen, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – quasi weiß der alte Mann genau, wer alles eine Waffe trägt. Leider. Er hat vor Jahren mal ein geliebtes Tier verloren, nur weil jemand auf seinem Grundstück meinte, der dürfe auf alles schießen, was sich einfach so dort aufhält. Jeff, so hieß der Schütze, hatte weder daran gedacht, dass die Nacht vom 24. zum 25. Dezember eine besondere ist, noch hat er sich um das elendig blutende Tier gekümmert. Jeff fluchte nur und schimpfte über das viele Blut.
Die kleine Amber in der Wohnung gegenüber wurde wach und sah das tote Tier im Schnee liegen. Ohne nachzudenken rannte sie vom Fenster zum Tier und schrie: „OH MY GOD! You killed Rudoplh!!“ Jeff war dies egal, denn nun beschimpfte er das kleine Mädchen und deren Eltern, die gerade dazu kamen. Im Verlauf fiel sogar das „N-Wort“ und Ambers Eltern versuchten das junge Ding zu trösten.
Für den alten Herrn war das ein schrecklicher Abend. Auch wenn es dort nich Rudolph war, der dort lag, es war Kenny bei seinem ersten Weihnachtsfest. Tragischer empfand Klaus aber die Tatsache, dass hier dem Mann mit der Waffe die Kinder egal waren, denn auch seine eigenen kamen nun aus dem Haus und weinten, als sie das tote Rentier sahen.
Der alte Mann versteht das alles nicht. Die Menschen sind doch alle gleich, egal ob farbig oder weiß. Egal ob Frau oder Mann, egal ob Christ oder Muslim. Auch weiß er, dass nicht alle Menschen an ihn glaubten, aber das war auch okay, denn er will es gar nicht jedem recht machen. Der Unterschied, dass weiß der alte Mann, der beginnt im Kopf bei jedem. Egal wie er aussieht.
Und wieder berichtet ein emotionsloser Nachrichtensprecher von einem toten Kind, welches durch eine Waffe getötet wurde. Wieder und wieder wiederholen sich schreckliche Nachrichten. Leider fehlen dabei die toten Menschen, die außerhalb des Einflusses der Massenmedien wohnen.
Pünktlich zum 3. Dezember ist der alte Mann in New York, feierlich wird nämlich der Weihnachtsbaum am Rockefeller Center illuminiert und dieses Ereignis will er natürlich wie jedes Jahr beobachten. Er freut sich immer sehr, wenn die tausenden Menschen um den Baum herum anfangen zu strahlen und zu lächeln. Glückliche Gesichter zur Weihnachtszeit. Herrliche Zeit. Stressige Zeit.
Abend sitzt der alte Herr nämlich regelmäßig und prüft seinen Posteingang. Die Wunschzettel nehmen erfahrungsgemäß zum Ende des Jahres zu um dann Mitte Dezember ihren Höhepunkt zu erreichen. Zufällig hat er gerade den Wunschzettel von Amber in der Hand und liest ihn Nachdenklich:
„Dear Santa, (ich habe ihn mal für Euch übersetzt)
ich wünsche mir dieses Jahr nichts sehnlicher von Dir, als das mein Papa endlich wieder arbeiten kann. Seine Arbeit hat zu gemacht und Papa sitzt nun oft weinend am Küchentisch. Er tut zwar immer so, als sei alles in Ordnung, aber ich weiß das es Papa nicht gut geht. Bitte Santa, mir brauchst Du nichts schenken, ich möchte nur wieder einen lachenden Papa der auch ab und zu mit mir spielt.“
Einige Buchstaben sind leicht verwischt, Amber schien beim Schreiben geweint zu haben. Der alte Herr ist traurig, denn Briefe wie diese von Amber kommen oft zu ihm. Die Kinder wünschen sich mehr Zeit mit ihren Eltern, diese können meistens aber nicht mehr Zeit aufbringen, da sie sehr viel arbeiten müssen. Klaus liest noch ein paar weitere Briefe bevor er das Licht ausschaltet.
~to be continued~